Quartiersmanagement organisiert Parkour-Workshop – Feste Gruppen erhofft
Moritz Funk zeigt wie der Katzensprung funktioniert: Beide Hände auf das Hindernis und Beine durch die Arme.
Theresa kann den Präzisionssprung noch nicht bestehen. Aus einer leichten Hocke springt das junge Mädchen in Strumpfhose und rosa Tütü ab. Sie landet mit den Ballen auf der Kante des Steinquaders – so hatte es ihr der Erlebnispädagoge Jan Wolking gezeigt. Doch dann fehlt die Balance, sie kippt zur Seite. Noch mal.
Theresa wird nicht müde. Selbst als die meisten Kinder auf der Parkour-Anlage im Grünzug Eckenheim schon auf den Steinblöcken sitzen, wird sie noch die schräge Wand hoch laufen und über Stangen balancieren.
Über die Mauer mit Präzisionssprung
An zwei Tagen, am gestrigen Montag und heutigen Dienstag, geben die Erlebnispädagogen von „Handsout“ einen Parkour-Workshop auf dem Grünzug Feldscheidenstraße. Ohne Anmeldung können Kinder und Jugendliche einfach mitmachen, jeweils von 15 Uhr bis 18 Uhr. Eine Altersvorgabe gibt es nicht. Am Montag waren es vor allem Kinder zwischen sechs und zehn Jahren. Ihnen zeigten Parkour-Sportler Moritz Funk und Sozialarbeiter Jan Wolking die Grundbewegungsarten des Parkour. Den Präzisionssprung, den Theresa so unermüdlich übt, oder beispielsweise den „Katzensprung“. So heißt es, wenn man eine Mauer überspringt, in dem man beide Hände aufstützt und die Beine zwischen den Armen über die Mauer hebt
Quartiersmanagerin Laetitia ten Thije hat den offenen Workshop organisiert. Ursprünglich hätte er vor einigen Wochen stattfinden sollen. Wegen Dauerregen musste er aber verschoben werden. Ein Anstoß für den Workshop seien Fragen aus dem Stadtteil gewesen. 2022 wurde der neue Grünzug eröffnet und mit ihm die Parkour-Anlage. „Was macht man eigentlich genau mit diesen Betonteilen?“, hätten sie Eltern gefragt, erzählt die Quartiersmanagerin. Der neugestaltete Grünzug werde zwar gut angenommen. Welche Nutzungsmöglichkeiten die Parkour-Anlage aber bietet, sei offenbar noch nicht allen bekannt. Also sollen es Profis den Kindern einmal zeigen, war der Gedanke.
Im Idealfall ist der Workshop ein Anstoß. Ten Thije wünscht sich, dass sich feste Parkour-Gruppen an der Anlage treffen, zusammen Sport treiben, eine Gemeinschaft werden und so den Stadtteil bereichern. Auch Sportvereine könnten die Anlage nutzen, stellt sich die Quartiersmanagerin vor. Geeignet wären die Mauern und Kletterstangen, sagt Parkour-Sportler Funk. „Der Tartan-Boden federt gut ab. Ich könnte vom höchsten Punkt der Anlage herunterspringen ohne mich zu verletzen.“
Mit viel Erfahrung entworfen
Auch die Stangen seien gut verarbeitet. „Das ist wichtig für einen 85-KiloSportler, der mit Schwung sein ganzes Gewicht an die Stange wirft.“ Insgesamt sehe man der Anlage an, dass sie von parkour-erfahrenen Sportlern mit entworfen wurde.
Moritz Funk ist im Hauptberuf Arzt und gibt zudem seit mehr als acht Jahren Parkour- und Kampfsportkurse in Vereinen. Während dieser Zeit habe er beobachtet wie die körperlichen Fähigkeiten von Kindern abnehmen. „Zum Beispiel rückwärts laufen können viele Kinder nicht mehr.“ Den Kindern fehle Bewegung, dabei sei Klettern und Herumrennen natürliches Verhalten von Kindern. Da setze Parkour an. „Manche Fragen: wann hast du mit Parkour angefangen?“, sagt Funk. „Dabei müsste man eigentlich fragen, wann hast du damit aufgehört?“ Ab wann waren Mauern und Bäume keine Klettermöglichkeiten mehr?
So wie es Kollege Jan Wolking sieht, können Kinder von Parkour noch etwas anderes lernen: Kreativität. Als ihn ein Mädchen fragt: „Können wir da drüben hangeln?“, zieht er die Schultern hoch. „Ihr könnt machen was ihr wollt.“ Das freie Spielen gehe verloren. „Wir steuern auf die Ganztagsschulen zu.“ Immer mehr werde die Freizeit von Kindern gelenkt, fremdbestimmt wann was wie gespielt wird. „Damit töten wir Kreativität.“ Im Parkour sei das kaum möglich. Jeder Sportler sucht sich eine eigene Route und Herausforderung. Sei es ein präziser Sprung oder eine Mauer wie eine Katze zu überwinden.
Friedrich Reinhardt