Im FR-Interview spricht Bildungsdezernentin Weber auch über den Start des Gymnasiums Ost 2024, über schnelles Bauen, Ärger mit dem Land Hessen und die Europäische Schule, für die kein Kleingarten weichen soll.
Frau Weber, vor einer Woche haben die Schülerinnen und Schüler ihre Zeugnisse bekommen. Welche Note geben Sie dem Bildungsdezernat?
Eine 2. Es ist noch nicht alles so, wie wir es gerne hätten. Aber wir haben die Schulbauoffensive auf den Weg gebracht. Und allein in den Sommerferien gibt es 133 Baumaßnahmen an den Schulen. Daran sehen Sie, dass wir den Sanierungsstau abbauen. Seit ich das Dezernat 2016 übernommen habe, haben wir elf neue Schulen eröffnet. Und weitere werden folgen.
Es sind 28 Schulen, die in Frankfurt noch gegründet werden müssen. Für wie viele haben Sie bereits Standorte?
Für fast alle. Wir haben intensiv in letzter Zeit Standorte gesucht, auch für die Auslagerungen von Schulen. Nun fehlen nur noch wenige Standorte.
Gibt es Standorte für die beiden Gymnasien, die Sie 2024 aufmachen wollen?
Ja.
Wo?
Das ist noch vertraulich. Wir mieten eine bestehende große Liegenschaft an, in der beide Gymnasien Platz finden werden. Dazu gibt es eine Vorlage im Magistrat und ich gehe davon aus, dass wir das zeitnah nach den Sommerferien beschließen können. Erst dann können wir den Vertrag unterschreiben und das öffentlich machen.
Also startet 2024 nicht das Gymnasium Ost in den Günthersburghöfen?
Wir werden das Gymnasium Ost 2024 starten, aber nicht in den Günthersburghöfen. Der Betriebshof am Günthersburgpark ist in der Hand der städtischen Wohnungsbaugesellschaft ABG. Bevor dort die Schule gebaut werden kann, muss die ABG den Betriebshof verlagern. Das wird noch eine Weile dauern. Da das Gymnasium Ost dringend gebraucht wird, startet es daher in der neuen Liegenschaft mit einem zweiten Gymnasium und wird später umziehen. Die beiden neuen Gymnasien sind dringend nötig, die bestehenden Schulen sind an ihren Grenzen. Zusätzlich haben wir auch das ehemalige Postbank-Gebäude an der Eckenheimer Landstraße von der Deutschen Bank gekauft – die Stadtverordnetenversammlung hat dem Vertrag in der letzten Woche zugestimmt.
Wer soll da einziehen?
Das Gebäude ist sehr groß. Dort können wir auch zwei Schulen unterbringen, eine vierzügige und eine sechszügige integrierte Gesamtschule. Das wird aber sicher noch eine Weile dauern.
Wie lange?
Das Gebäude muss untersucht werden, wir müssen eine Raumplanung machen, dann eine Bau- und Finanzierungsvorlage. Dafür werden wir eineinhalb Jahre brauchen. Wenn diese beschlossen ist, können wir an die Ausschreibungen gehen. Das etwas ältere Gebäude muss energetisch ertüchtigt und umgebaut werden. Es steht unter Denkmalschutz, und der Umbau muss auch mit dem Denkmalamt abgestimmt werden. Aber das Gebäude bietet viele Möglichkeiten. Große freie Flächen für Veranstaltungen, eine Großküche und einen Essbereich, in den oberen Räumen können mit wenig Aufwand Lernlandschaften hergestellt werden. Und die Dachterrassen können als Freifläche, für Photovoltaik und als Grünfläche genutzt werden.
Vielen geht es in der Stadt aber zu langsam im Schulbau voran. Im Ausschuss sind immer wieder Schulgemeinden, die über marode Gebäude und mangelnden Platz klagen. Sie warten auf Sanierungen und Erweiterungsbauten. Warum müssen viele Schulen so lange warten?
Die Stadt hat in den vergangenen 60 Jahren einen Sanierungsstau auflaufen lassen, den wir nicht von heute auf morgen beseitigen können. Ich habe erst vor zwei Jahren das Baudezernat übernommen. Jetzt müssen wir zusehen, dass wir das alles aufholen.
Und wie wollen Sie es aufholen?
Im letzten Jahr haben wir die Stabsstelle Schulbau gegründet. Die hat eine Bestandserhebung aller größeren Maßnahmen im Bereich Neubau, Sanierung, Erweiterung und Auslagerung gemacht. Das gab es vorher nicht in dieser Form. Das sind rund 200 Maßnahmen, die erhoben und bewertet wurden.
Gibt es nun eine Prioritätenliste? Wissen dann die Schulen, wann sie an der Reihe sind?
Wir bereiten derzeit eine finale Abstimmung in der Verwaltung vor und werden das nach den Sommerferien den städtischen Gremien zur Entscheidung vorlegen. Dann wissen die Schulen, mit welchen Prioritäten wir arbeiten: 45 Maßnahmen müssen zum Beispiel ganz dringend angegangen werden, 66 folgen in einem zweiten Schritt. Priorität hat dabei die Schaffung neuer Schulplätze. Aber es geht bei diesem Magistratsvortrag auch darum, Beschleunigungsmaßnahmen zu beschließen, damit man schneller bauen kann.
Wie soll schneller gebaut werden?
Abläufe in der Verwaltung kann man verkürzen. Es spart ein halbes Jahr Zeit, wenn man für eine Haushaltsanmeldung nicht eine Kostenberechnung, sondern nur geprüfte Kennwerte vorlegen muss. Wir wollen seriell bauen, mehrere Schule baugleich und gleichzeitig bauen. Wir wollen mehr im Bestand bauen. Einiges wollen wir fremdvergeben, Investorenprojekte anschieben. Wo es geht, wollen wir mit Holzmodulen arbeiten, was nachhaltiger ist und schneller geht.
Oberbürgermeister Mike Josef hat im Wahlkampf eine Schulbaugesellschaft angekündigt, ein Antrag der Koalition dazu wurde inzwischen beschlossen. Wird Ihnen nicht zugetraut, das allein zu schaffen?
200 große Maßnahmen schafft die Verwaltung nicht allein und auch nicht in der gebotenen Zeit – diese große Aufgabe muss man von mehreren Seiten angehen. Die Initiative von Mike Josef ist richtig, dass wir mit unseren städtischen Gesellschaften gemeinsam eine Schulbaugesellschaft gründen. Sie kann einen Teil der Aufgaben übernehmen. Mit einer Schulbaugesellschaft haben wir mehr Personal zur Verfügung. Wir wollen in diesem Jahr noch einen Grundsatzbeschluss für die Gründung dieser Gesellschaft herbeiführen.
Und dann bauen das Amt für Bau und Immobilien, die Schulbaugesellschaft und die ABG Schulen?
So ist es, wir brauchen viele Akteure, um diesen Stau an größeren Bau- und Sanierungsmaßnahmen im Schulbereich aufzulösen. Wir brauchen sicher auch Investoren, die wir mit dem Bau von Schulen beauftragen können.
Es heißt immer, im Amt für Bau und Immobilien seien viele Stellen unbesetzt. Gibt es überhaupt genügend Personal für die Umsetzung?
Im Schulbaubereich sind kaum noch Stellen frei. Wir wollen aber die Kapazitäten erweitern, damit wir schneller vorankommen.
Zuletzt gab es Proteste vom Elternbeirat des Adorno-Gymnasiums, weil sich der Umzug in ein neues, größeres Gebäude weiter verzögert. Dabei gibt es das landeseigene Baugrundstück in unmittelbarer Nähe zum Provisorium. Und Stadt und Land hatten sich doch auch schon längst auf einen Grundstückstausch geeinigt. Wo liegt das Problem?
Ich kann Ihnen diese Frage nicht beantworten. Ein unterschriftsreifer Vertrag über den Grundstückstausch liegt seit fast zwei Jahren beim Land. Offenbar wird er dort zwischen Finanzministerium und Wissenschaftsministerium hin- und hergeschoben. Ich weiß nicht, warum das Land nicht einfach unterschreibt.
Das Wissenschaftsministerium teilte dazu mit, es gehe um die Hochschule für Musik und Darstellende Kunst an der Eschersheimer Landstraße. Die Stadt habe den Wunsch geäußert, dass das Areal Teil des Vertrags werde. Es heißt, die Stadt wolle das Gelände nach einem Umzug der Hochschule kaufen, es sei aber nicht absehbar, wann die Fläche frei werde.
Ich kann diese Darstellung nicht nachvollziehen. Richtig ist, dass es in dem Vertrag auch um das derzeitige Gebäude der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst geht. Wir wollen darin künftig unsere Städtische Musikschule unterbringen und gleichzeitig eine neue Grundschule eröffnen, die wir in der Innenstadt dringend brauchen und die mit der Musikschule kooperieren soll. In dem Vertrag heißt es sinngemäß: Wenn die Hochschule auf den Kulturcampus zieht, ist das Land verpflichtet, der Stadt die bisherige Liegenschaft zum Kauf anzubieten. Darüber waren wir uns mit dem Land auch einig. Wenn sich der Umzug der Hochschule verzögert, dann verzögert sich auch der Erwerb des Gebäudes. Ganz einfach. Einen anderen Zusammenhang zum Kulturcampus gibt es nicht.
Was sagen Sie jetzt den Eltern vom Adorno-Gymnasium?
Dass unsere bisherigen Bemühungen, das Land zu einer Unterschrift zu bewegen, nicht gefruchtet haben. Man hat dort scheinbar seine Meinung geändert und kommuniziert das nicht offen. Ohne den Vertrag können wir aber mit dem Neubau des Adorno-Gymnasiums nicht starten. Wir haben die Ausschreibungen dazu gestoppt, nachdem klar wurde, dass das Land nicht unterschreiben will.
Aber Sie sind doch für den Schulbau in Frankfurt zuständig.
Ich kann nur sagen: Wir haben ein städtisches Grundstück, auf dem jetzt das Adorno-Gymnasium steht. Bislang hatte das Land daran ein großes Interesse, um die Universität zu erweitern. Wir haben auch auf Wunsch des Landes das Gelände der Philipp-Holzmann-Schule mit in den Vertrag einbezogen und sind dem Land weit entgegengekommen, indem wir bereits ein neues Grundstück für die Philipp-Holzmann-Schule gekauft haben. Im Gegenzug haben wir ein Andienungsrecht für die Musikhochschule bekommen. Wenn das Land kein Interesse mehr an den Grundstücken im Westend hat, dann soll es das offen sagen, damit wir uns anderweitig orientieren können.
Ein Dauerthema in Ihrer Amtszeit ist der Bau der Europäischen Schule. Wie erschrocken waren Sie, als Oberbürgermeister Mike Josef im Stadtparlament öffentlich erklärt hat, die Planung sei ohne den Wegfall von 44 Gärten möglich?
Gar nicht. Wir planen die Bebauung des Ratswegs so, dass dort ein toller Schulcampus entstehen kann und kein Eingriff in die Gärten notwendig ist.
Aber in der Machbarkeitsstudie, die im Auftrag der Europäischen Zentralbank durchgeführt wurde, ist die Rede davon, dass 44 Gärten weg müssen.
Wir prüfen derzeit verschiedene Optionen und haben mehrere Gutachten in Auftrag gegeben, zum Beispiel auch zur Verkehrserschließung. Wir werden im Herbst Ergebnisse haben. Ich kann nur sagen: Wir tun alles dafür, dass die Kleingärten erhalten bleiben.
Seit zweieinhalb Monaten ist Mike Josef Oberbürgermeister. Was hat sich unter ihm schon geändert, was wird sich noch ändern?
Im Wahlkampf hat er von einer Milliarde Euro für die Bildung gesprochen. Wir haben das bereits konkretisiert und uns Gedanken über die Aufteilung gemacht. Wir sind gerade in den Verhandlungen zum Haushalt 2024/2025 und haben unsere Planungen dort eingebracht.